Chemnitzer Caritasverband muss Angebot reduzieren
Fehlende Mittel für Ausländer- und Flüchtlingsberatung könnten katastrophale Folgen haben
Chemnitz. Die Stadt Chemnitz zählt aktuell einen Ausländeranteil von annähernd 14 Prozent – im Vorjahr waren es 12 Prozent, Tendenz also steigend. Ausländische Mitbürger, ob aus Syrien, Afghanistan oder der Ukraine, sind oft auf Unterstützung angewiesen, sie sprechen eine fremde Sprache, kommen aus anderen Kulturkreisen, haben viele Fragen und oft auch große Angst. Der Caritasverband für Chemnitz und Umgebung e.V. stellt seit vielen Jahren mit seiner Ausländer- und Flüchtlingsberatung eine für viele Migranten unverzichtbare Möglichkeit der Beratung und Hilfe zur Verfügung – persönlich, anonym und kostenfrei. Doch das Angebot musste zum 1. August minimiert werden. „Wir mussten trotz all unserer Bemühungen um eine auskömmliche Finanzierung, trotz Zusammenlegung von Diensten an einen Ort die Beratungsstunden in der Ausländer- und Flüchtlingsberatung reduzieren“, sagt Caritas-Geschäftsführerin Sabine Geck. Das heißt: In diesem Jahr fünf Stunden, im kommenden Jahr acht Stunden pro Woche weniger für Fragen, Sorgen und Nöte von ausländischen Mitbürgern. Die Beratungsstelle ist ein von der Stadt Chemnitz geförderter Dienst. Die Personalkosten können mit der aktuellen Förderung der Stadt, trotz Eigenmitteleinsatzes des Caritasverbandes, nicht finanziert werden.
Dabei platzt die Beratungsstelle aus allen Nähten. Von einer kommenden Katastrophe spricht Kamilla Muradova, die die Ausländer- und Flüchtlingsberatung seit vielen Jahren leitet. Täglich kommen Menschen aus aller Welt, von der Ukraine und Russland über Syrien und Afghanistan bis nach Lateinamerika und Afrika, zu ihr und sind schlichtweg ratlos. „Sie haben keine Ahnung, wie das System in Deutschland funktioniert“, so Muradova, die mehrere Sprachen fließend spricht und so den Hilfesuchenden eine echte Hilfe ist. „Die Leute rufen pausenlos bei mir an. Eine Reduzierung der Beratungsstunden wird die Kriminalität erhöhen, vor allem von jungen Menschen“, prognostiziert Kamilla Muradova.
Caritas-Verantwortliche um erfolgreiche Integration besorgt
Tatsächlich kann die Reduzierung des Angebotes zu einer Zunahme sozialer Spannungen führen. Menschen, die keine ausreichende Unterstützung finden, sind häufiger von sozialer Isolation betroffen, was zu Verzweiflung und im schlimmsten Fall zu einer erhöhten Kriminalitätsrate führt. Doch nicht nur das. Die Beratung für Migranten ist auch ein Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration. Ohne ausreichende Unterstützung kann es zu erheblichen Verzögerungen bei der Integration kommen, was sich wiederum negativ auf die gesamte Gesellschaft auswirkt.
Eine unzureichende Beratung kann aber auch wirtschaftliche Folgen haben. Migranten, die nicht ausreichend unterstützt werden, haben möglicherweise Schwierigkeiten, Arbeit zu finden oder eine Ausbildung zu beginnen. Dies führt zu einer geringeren Erwerbsquote und kann langfristig die Wirtschaftskraft der Region schwächen. Zudem erhöht sich die Abhängigkeit von Sozialleistungen, was den Staat langfristig mehr kostet als die Finanzierung der Beratungsangebote. Nicht zuletzt kann die Reduzierung der Ausländer- und Flüchtlingsberatung negative Auswirkungen auf das Image der Stadt Chemnitz haben.
Chemnitz hat sich in den letzten Jahren bemüht, sein Ansehen als weltoffene und integrative Stadt zu stärken. Eine Kürzung der Mittel für die Ausländer- und Flüchtlingsberatung könnte dazu führen, dass die Stadt als weniger einladend und unterstützend wahrgenommen wird. Um all diesen Auswirkungen entgegenzuwirken, ist es für den Caritasverband Chemnitz unerlässlich, die städtische Förderung in diesem Bereich weiter in dem bisherigen Maße zu erhalten oder gar auszubauen.
Steffi Hofmann, Öffentlichkeitsarbeit Caritasverband Chemnitz