Altäbtissin Regina Wollmann (82) des Klosters St. Marienthal verstorben
Am Ostersonntag, 9. April. - Nachruf der Zisterzienserinnenabtei.
Musste nicht der Messias all das erleiden,
um so in seine Herrlichkeit zu gelangen? (Lk 24,26)
In den Abendstunden des Ostersonntags, am 9. April 2023 wurde unsere Altäbtissin
Sr. Maria Regina (Isolde) Wollmann OCist
von ihren schweren, mit großer Geduld ertragenen Leiden, erlöst und vom auferstandenen Christus heimgerufen – wie wir hoffen – in seine österliche Herrlichkeit.
Isolde Wollmann wurde am 19.1. – einem Sonntag – 1941 als drittes von fünf Kindern der Eheleute Rudolf und Agate Wollmann in Sagan/Schlesien geboren. Der frühe Verlust ihres Vaters, der noch in den letzten Kriegstagen gefallen ist, war für sie zeitlebens ein großer Schmerz. Die Familie floh aus Schlesien und entging nur knapp auf ihrer Flucht dem Bombenhagel in Dresden. Ihre zweite Heimat wurde Leipzig und dort speziell die Gemeinde der Oratorianer. Dort empfing sie die Erstkommunion und die Firmung.
Durch den Musikunterricht ihrer Kinder lernte ihre Mutter den Kantor der Gemeinde kennen. In zweiter Ehe wurde noch eine Tochter geboren. Mit 17 Jahren begann Isolde die kirchliche Ausbildung zur Vorbereitung eines Berufes im Kloster St. Marienthal und wurde „Ancillanerin“. Das Kennenlernen dieses Ortes und der Schwestern, die für die Ausbildung zuständig waren, weckten früh in ihr die Sehnsucht nach Christus und danach, IHM in einem Gott geweihten Leben nachzufolgen.
1959 Eintritt ins Kloster
Während ihre Familie erneut aus der damaligen DDR Richtung Westen flüchtete, blieb sie allein zurück und trat bereits 1959 in unser Kloster ein und folgte damit zum ersten Mal dem Ruf des himmlischen Bräutigams: „Höre, Tochter, sieh her und neige dein Ohr, vergiss dein Volk und dein Vaterhaus!“ (Ps 43,11). Dies „Höre!“ sollte für sie immer wieder eine große Rolle spielen. Bei ihrer Einkleidung am 6. Juni 1960 erhielt sie den Ordensnamen M. Regina. Am 17. Juni 1961 legte sie die Ordensprofess ab.
Sr. Regina war immer sehr kinderlieb und wünschte sich – hätte sie mal geheiratet – eine große Familie. Diese wurde ihr auf andere Art und Weise geschenkt, indem ihr als junge Schwester durch Äbtissin Celsa Gutte die Fürsorge für die geistig behinderten Frauen des 1955 eingerichteten St. Josefsheimes übertragen wurde. Diese Bewohnerinnen wurden „ihre Kinder“. Noch heute sprechen die Schwestern mit Liebe von „ihren Kindern“. In dieser Aufgabe wurde sie eine liebevolle Mutter und durch diese Tätigkeit weithin bekannt als fürsorgliche und bescheiden auftretende Schwester. Diese Eigenschaft prägte ihr ganzes Leben und sie wurde dadurch sehr beliebt und geschätzt.
1993 zur Äbtissin gewählt
Äbtissin Pia Walter ernannte sie zur Subpriorin und Novizenmeisterin. Damit wurde ihr eine große Verantwortung im Konvent zuteil. Sie wurde für Äbtissin Pia eine große Stütze. Als Mutter Pia an Krebs erkrankte, hat Sr. Regina sie aufopferungsvoll gepflegt. Ihr Tod am 30.6.1993 war für sie der schwerste Schicksalsschlag in ihrem Leben – so sehr war sie Äbtissin Pia verbunden.
Es war nicht überraschend, dass sie am 12.7.1993 zur 54. Äbtissin von St. Marienthal gewählt wurde. Als Wahlspruch wählte sie den Anfang der Regel des hl. Benedikt. „Obsculta – Höre!“. Hören, lauschen – vor allem auf Gottes Wort und Ruf. Ihr Wirken als Äbtissin fiel in eine außergewöhnliche Zeit in der langen Geschichte Marienthals: Große Veränderungen und Entscheidungen, die sich mit der politischen Wende 1989 ergaben, standen an und mussten bewältigt werden.
Neben der Verantwortung für den Konvent wurde sie nun auch Vorsitzende im Stiftungsrat des erst gerade gegründeten Begegnungszentrums. Das Fortführen des St. Josefsheimes in der bisherigen Form war auch nicht mehr möglich. Schweren Herzens willigten sie und die Schwestern in den Umzug der „Kinder“ 1999 in ein neues Heim, dem Pater-Kolbe-Hof in Schlegel ein, das unter der Trägerschaft des Klosters erbaut wurde. Die herzliche Verbindung ist nie abgerissen. Aufgrund ihres großen Einsatzes für diese Menschen mit Behinderung erhielt sie am 31. Mai 2010 in Dresden den Sächsischen Verdienstorden aus der Hand des damaligen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich.
Sanierungen der Konventgebäude vorangetrieben
Unter der Regierung von M. Regina wurden zwischen 1993 und 2008 kontinuierlich die Konventgebäude zu großen Teilen innen und außen saniert. Damit haben sich die Lebensumstände der Schwestern wesentlich verbessert. Als das Hochwasser 2010 vieles davon zerstörte, hat das alle tief erschüttert. Doch angesichts der enormen Hilfsbereitschaft und der vielen Zeichen der Hilfe Gottes auch mit großer Zuversicht erfüllt. So musste M. Regina ein zweites Mal einem umfangreichen Baugeschehen zustimmen und weitreichende Entscheidungen mit ihren Schwestern in einer immer schwieriger werdenden Gesamtsituation treffen.
Trotz vieler Provisorien konnten wir jedoch 2011 mit ihr zusammen in Dankbarkeit und Freude das Goldene Professjubiläum feiern und ebenso 2016 ihren 75. Geburtstag. Schon lange spürte sie das Nachlassen ihrer Kräfte. Am 22.2.2016 legte sie nach 23 segensreichen Jahren ihr Amt nieder und widmete sich weiterhin sehr der Fürsorge der alten und kranken Schwestern. Bereitwillig übernahm sie auch noch bis kurz vor ihrem Tod die Aufgabe der Priorin.
Es bleibt wohl eine Besonderheit, dass eine Schwester im Laufe ihrer Ordenszeit alle Aufgaben der Oberin innehatte. Das spricht sehr für ihre mitfühlende, mütterliche und warmherzige Art und Weise, mit den Menschen umzugehen und ihnen zuzuhören. Gerade das war eine ihrer besonderen Fähigkeiten, die viele nun vermissen. M. Regina war auch eine treue und gewissenhafte Beterin. Das Chorgebet war ihr besonders wichtig. Sie war musikalisch sehr begabt und viele Jahre hindurch 1. Kantorin. Es hat sie sehr geschmerzt, dass ihre wohlklingende Gesangsstimme in den letzten Jahren immer mehr versagte. Dennoch war sie mit Freude und Hingabe regelmäßig beim Chorgebet.
60-jährige Profess während der Coronapandemie
Die 60-jährige Professfeier 2021 erfolgte eher im stillen Rahmen – auch aufgrund der Coronapandemie. Zunehmend stellten sich gesundheitliche Beschwerden ein und sie musste sich seit Dezember 2022 längeren Klinikaufenthalten unterziehen. Als sie am 11. Februar auf eigenen Wunsch entlassen wurde, hat sie es wohl geahnt, dass die medizinischen Möglichkeiten erschöpft sind und hat ihr Leben ganz in Gottes Hand gelegt. Fast zwei Monate sollten noch vergehen bis sie am Ostersonntag das letzte „Höre, meine Tochter und komm!“ vernommen hat.
Nach unserer Osternachtsfeier, die sie live in ihrer Zelle verfolgen konnte, begrüßte sie eine Mitschwester, die nochmal zu ihr kam, mit den Worten: „Halleluja, halleluja“. Und noch am Ostermorgen hat sie den Herrn in der Heiligen Kommunion empfangen zur Stärkung und als Wegzehrung. So ergeben wie in das Leiden der letzten Zeit, so ergeben und still ging ihr Leben zu Ende. In den letzten Wochen war sie von dem einen großen Wunsch erfüllt, in den Himmel zu kommen. Dass sie dort hineingekommen ist, darauf vertrauen wir und beten für sie. So empfehlen wir die liebe Verstorbene dem Gebet aller, denen sie wichtig war und für die sie da war – aber auch ganz besonders der Gemeinschaft der Gläubigen.
Das Heilige Requiem feiern wir am Freitag, dem 14. April 2023 um 10.30 Uhr in der Klosterkirche. Anschließend ist die Beisetzung auf dem Klosterfriedhof.
Im Namen des Konventes von St. Marienthal und der Angehörigen.
Sr. M. Elisabeth Vaterodt OCist St. Marienthal, den 11. April 2023
Äbtissin