Bange Zuversicht
Pastoraltheologische Analysen zum Lebensgefühl in der Lockdown-Zeit
Dresden: Auf Basis einer großen interkontinentalen Online-Umfrage fasst Prof. Paul M. Zulehner, katholischer Priester und emeritierter Professor für Religionssoziologie, die Eindrücke aus den Bevölkerungen zum Pandemieverlauf und den damit einhergehenden Einschränkungen pastoraltheologisch in der heute veröffentlichten Episode des Akademiepodcasts „Mit Herz und Haltung“ zusammen. Am Montag erscheint im Verlag Patmos die Analyse als Sachbuch.
Während die Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionszahlen am Anfang der Pandemie scheinbar in einem breiten Einvernehmen gesellschaftlich mitgetragen wurden, erhitzten sich im Laufe der Zeit die Diskussionen über die Angemessenheit der Einschränkungen. Freiheit und Sicherheit bildeten das Gegensatzpaar öffentlicher Debatten. Das stark veränderte Lebensgefühl wurde dabei sowohl von Vor- als auch Nachteilen begleitet. War das Corona-Jahr 2020 in den Augen vieler primär ein Auftrieb für Digitalisierung und Ökologisierung, sahen sich andere mit wirtschaftlichen Einbußen und neuen sozialen Problemen konfrontiert.
Das Corona-Jahr 2020 in fünf Thesen
Aus den Ergebnissen der Umfrage leitet Zulehner fünf Thesen ab. Um der Polarisierung in den Diskussionen um Lockdown-Maßnahmen entgegenzutreten, fordert Zulehner ebenso Brückenbauer wie auch „Balancierer“, um zwischen Gesundheit, Freiheit und Wirtschaft abwägen zu können. Die Politik in der Corona-Zeit habe aus Sicht von Zulehner vielen „Hoffnung gemacht, dass ein ähnlich entschlossenes Handeln auch hinsichtlich der Klimakrise möglich und politisch den Bevölkerungen zumutbar ist“. Angesichts einer stark wachstumsorientierten Wirtschaft sei die Ökologisierung der Ökonomie dennoch eine „Herkulesaufgabe“.
Mit Blick auf das kirchliche und religiöse Leben stellt Zulehner fest: „Auch Gott verschwand im Lockdown“. Viele Studienteilnehmenden seien der Meinung, die Kirche hätte sich in einigen Ländern während der Pandemie „weggeduckt“. Geschlossene Kirchen führten während der ersten Pandemie-Welle außerdem dazu, dass sich Gewohnheitschristen in der Zeit des Lockdowns weiter entwöhnen. Viele hätten diese Zeit jedoch auch als Laboratorium für die religiöse Praxis genutzt. Eine zukunftsfähige Kirche sei ein Hybrid aus einer Dienstleistungs- und Beteiligungskirche, schließt Zulehner aus den Antworten. Dies sei aber nur möglich, „wenn es der Kirche gelingt, aus der Asche der Strukturreformen wieder in das Feuer des Geheimnisses Gottes zu gelangen“. Mit der Umfrage erhofft sich Zulehner, einen Beitrag zu dem gesellschaftlich nötigen Diskurs rund um die Corona-Pandemie zu leisten.
Zulehners Buch zur Studie (Titel: „Bange Zuversicht“) wird am 11.01.2021 veröffentlicht.
Das ganze Gespräch zum Nachhören finden Sie hier: www.ka-dd.de/podcast
Bildungspodcast „Mit Herz und Haltung“
Im Bildungspodcast „Mit Herz und Haltung“ der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen nehmen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie Expertinnen und Experten verschiedener Fachdisziplinen Stellung zu den wissenschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und kirchlichen Fragestellungen. Neue Folgen erscheinen in regelmäßigen Abständen auf Spotify, Deezer, Apple Podcasts, YouTube sowie auf den Websites der Akademie (www.lebendig-akademisch.de) und des Bistums (www.bistum-dresden-meissen.de).
Bislang sind über 70 Folgen erschienen.