Kann man an Krisen wachsen?
3. Fachtag katholische Kinder- und Jugendarbeit thematisierte Erfahrungen von Krise und Möglichkeiten zur ressourcenorientierten Begleitung und Bearbeitung
Dresden. Am 13. Juni trafen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unterschiedlichsten Berufsgruppen des Bistums und darüber hinaus aus der Kinder-, Jugend und Familienarbeit zu einem gemeinsamen Fachtag, um sich in krisenhaften Zeiten wie diesen einen Tag lang darüber auszutauschen, welche Chancen, Grenzen und Perspektiven in einem veränderten Umgang mit Krisen für den je Einzelnen, aber auch für die Institutionen, die sie vertreten, liegen.
Schon der Beginn des Fachtags - der der dritte in der Reihe der Fachtage katholische Kinder- und Jugendarbeit war und damit bereits eine Tradition begründet - forderte den Blick über den berühmten Tellerrand, das Aufeinanderzugehen und die Kommunikation direkt ein, indem das Zufallsprinzip die Tischordnung bildete. Die so entstandene Tischgemeinschaft kam über einen Cartoon zum Thema Krise miteinander und mit ihrer „zugewiesenen “ Krise in ein durchaus lebhaftes Gespräch.
Krise als Stoppschild im Leben
Die daraus entstandenen Impulse konnte dann die Referentin des Fachtages, Frau Prof. Dr. Boglarka Hadinger, in ihren verschiedenen Fachimpulsen direkt aufnehmen. Als Psychologin und Coach für Persönlichkeitsstärkung arbeitet sie seit vielen Jahren mit Methoden im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung und zukunftsorientierten Krisenbewältigung. Sie leitet das auf die Arbeit Viktor Frankls zurückgehende Institut für Logotherapie und Existenzanalyse in Tübingen und Wien.
In ihrer ersten Präsentationsphase stellte sie verschiedene Formen von Krisen vor und umschrieb allgemeine Kriterien, die allen Krisen innewohnen. So seien alle Krisen vergleichbar mit einem Stoppschild im Leben, an dem es einer entscheidenden Wende bedarf. Nichts von dem, was bisher funktioniert habe, funktioniere weiter, denn alle Krisen seien gleichzeitig eine Krise dessen, was bisher wichtig war oder man zumindest für wichtig hielt. Eine häufige Reaktion sei daher Resignation. Die im Moment vielfach genannte Resilienz als eine gewisse Unverwundbarkeit gegenüber Krisenerfahrungen sei etwas, was den Menschen in unterschiedlicher Weise zu eigen ist und weder erwartet noch kurzfristig entwickelt werden könne. Dennoch könne bei entsprechender Krisenbegleitung ein individueller oder auch institutioneller Weg gefunden werden, mit Krisen produktiver umzugehen.
Bereits bei den Rückmeldungen zur ersten Präsentationsphase, die medial unterstützt durch ein digitales Tool ausgewertet wurden, wurde deutlich, dass die sehr individuelle und persönliche Herangehensweise der Referentin bei den Teilnehmenden einen Nerv getroffen hatte. Der rege Austausch zwischen den Berufsgruppen zog sich über den ganzen Tag und umfasste Pausen ebenso wie Arbeits- und Gruppenphasen.
Besinnen auf eigene Stärken wichtig
Am Nachmittag stellte Frau Prof. Hadinger dann den sog. „5-Räume-Ansatz“ als eine aus dem logotherapeutischen Hintergrund stammende Form der Krisenbegleitung vor. Wichtigste Grundlage dieses Ansatzes ist eine Haltung des Verständnisses und Interesses für den anderen, wobei dies nicht gleichzusetzen ist mit einer Billigung seiner/ihrer Verhaltensweisen und Meinungen. Wesentlich ist daneben auch das gemeinsame kommunikative Erschließen von Möglichkeiten der Veränderung der Herangehensweise an krisenhafte Entwicklungen.
Dass dabei für den Einzelnen genau wie für die Institution der Mut zur Veränderung, aber auch das Besinnen auf die eigenen Kompetenzen und Stärken in einem derartigen Prozess wichtig ist, wurde den Teilnehmenden am Ende nochmals durch ein rotes Band verdeutlicht, das sie als Zeichen der eigenen Kompetenzen zumindest symbolisch in den Alltag begleiten soll.
Der Fachtag fand in Trägerschaft der Arbeitsgemeinschaft katholischer Kinder- und Jugendorganisationen im Bistum Dresden-Meißen (AKD) statt und ist eine Kooperation der Abteilung Kinder- Familie-Jugend und der Hauptabteilung Schulen und Hochschulen des Bistums Dresden-Meißen sowie dem Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen e.V. Der Fachtag wurde unterstützt mit Steuermitteln des auf der Grundlage des von Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts.
Dr. Annette Leithner-Brauns