„Streit – Muss das sein?“ - Religionslehrkräfte befassen sich mit Streitkultur
33 Lehrerinnen und Lehrer nahmen an Jahrestagung in Dresden teil
Dresden. „Streit – Muss das sein?“ Dieser Frage wollten 33 Lehrerinnen und Lehrer nachgehen und waren der Einladung zur Jahrestagung für Religionslehrkräfte am 30. Oktober ins Haus der Kathedrale Dresden gefolgt. An vielen Stellen in unserem Alltag und unserem Tun sind wir störendem Streit und anstrengenden Konflikten ausgesetzt. Gesellschaftliche Pluralität nimmt zu, Polarisierungen verschärfen sich und wirken in die schulische und unterrichtliche Arbeit hinein. Die wachsende Heterogenität der Schülerinnen und Schüler ist herausfordernd für Lehrkräfte. Zugleich scheint es, als hätten wir das Streiten verlernt. Dabei ist eine gesunde Streitkultur elementar für das Funktionieren von Demokratie und die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen: Standpunkte darlegen, Argumente austauschen, einen Konsens aushandeln – vielleicht mit harten Bandagen, aber immer fair. Gefragt ist die Fähigkeit, Differenzen auszuhalten und dennoch im Gespräch zu bleiben. Das erfordert eine hohe Kommunikations- und Konfliktkompetenz, die junge Menschen erwerben sollen und für die sie Vorbilder brauchen, an denen sie sich orientieren können.
Streitkultur in der Bibel
Im ersten Impulsreferat lenkte Prof. Dr. Maria Häusl vom Institut für Katholische Theologie an der TU Dresden den Blick auf biblische Grundlagen für eine gute Streitkultur und eine Sprache, die auf die Lösung von Konflikten zielt. Die Referentin arbeitete anhand konkreter Sprüche aus dem „Buch der Sprichwörter“ heraus, was die alttestamentliche Weisheit unter kommunikativer Kompetenz versteht:
- das Sprechen am Wohl der Mitmenschen orientieren, glaubwürdig und ohne schädigende Absichten sprechen
- bei der Äußerung der Ich-Befindlichkeiten zurückhaltend und besonnen sein und
- als Lernende bereit sein, Rat und Bildung anzunehmen.
Deutlich wurde, welch wichtige Rolle der Sprache zukommt – für schädliche, zerstörerische Absichten ebenso wie bei der Suche nach gesellschaftlichem Zusammenhalt und Förderung von Menschen.
Aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen
Heike Nothnagel von der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen zeigte aktuelle gesellschaftliche Tendenzen und Konfliktlinien auf, welche auf Schule wirken: Klimawandel, Urbanisierung, Digitalisierung, Globalisierung, Sicherheit, Kriege und Genderfragen. Sie konkretisierte, was das für Schule bedeutet und welche Haltungen und Kompetenzen Lehrkräfte brauchen. Kommunikations- und Konfliktkompetenz sind ebenso wichtig wie Vertrauen und Authentizität, ein eigener Wertekompass und eine Grundrechtssicherheit.
In den anschließenden Workshops wurden in kleineren Gruppen in diesem Spannungsfeld zwischen biblisch-theologischer Grundlage und konkreten persönlichen oder gesellschaftlichen Konflikten weitergearbeitet.
Die Tagung war getragen von einer ausgesprochen kollegialen und wertschätzenden Atmosphäre. Es tat gut, Möglichkeiten zum Austausch und zur Reflexion der eigenen Arbeitssituation zu haben, die für viele Religionslehrkräfte herausfordernd und anstrengend ist. Eine „inhaltlich stimmige Tagung zwischen geistlicher Ausrichtung am Beginn und Reisesegen zum Abschluss, von der ich viele Impulse und Anregungen mitnehme“, „Ich bin dankbar für diese Veranstaltung!“ und „Gern wieder!“ resümierten drei Teilnehmende.
Franziska Mellentin, Referentin Religionspädagogik