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Bischof Heinrich Timmerevers im Dekanat Chemnitz
Am vergangenen Mittwoch, 8. Juni 2022, war Bischof Heinrich Timmerevers im Rahmen seiner Besuche zum Erkundungsprozess in Chemnitz. Gut 70 Interessierte aus dem Dekanat hatten sich im Pfarrsaal von St. Johannes Nepomuk versammelt und brachten Fragen, Anregungen, Wünsche oder Kritik, vor allem aber Neugier und eine Offenheit mit, die dem Abend zu einem guten Start verhalfen. Knapp die Hälfte der Anwesenden war schon mit der Thematik vertraut, für andere waren die acht Empfehlungen des Bischofs eher unbekannt, aber schnell entspann sich an den Tischen und im Plenum ein reger Austausch über Gestalt und Zukunft unseres Glaubens in den Gemeinden der Region.
Markant stand die Herausforderung im Raum, sich als Christen in den weiten Räumen des Erzgebirges zu finden. Für Chemnitz, das zusammen mit der Region im Jahr 2025 Europäische Kulturhauptstadt sein wird, betonte der Bischof, dass sich jetzt schon die herausragende Möglichkeit abzeichne, sich im gemeinsamen Zeugnis ökumenisch zu vernetzen und in Dialog und Kooperation mit den konstruktiven Kräften der Gesellschaft zu treten. In der Diskussionsrunde machten die Teilnehmer deutlich, dass man erwartet, die aktive Beteiligung der Gläubigen ernstzunehmen und die Gemeinden gezielt mit einzubeziehen, z.B. bei Entscheidungen über den Personaleinsatz. Die große Herausforderung des Gestaltwandels der Kirche muss, so waren sich Bischof und Teilnehmende einig, angenommen und zukünftig kreativ, interessengerecht und vor allem gemeinschaftlich gestaltet und umgesetzt werden. Rollen und Zuständigkeiten werden sich ändern, und Befugnisse müssen mit mehr Vertrauen in die Verantwortungsübertragung der aktiv Engagierten verteilt werden.
Bischof Timmerevers unterstrich, dass er den „Offenen Brief“ zu Fragen der Macht und Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche, den Jugendliche aus dem Dekanat geschrieben hatten, für eine wichtige Initiative halte. Sie zeige, dass sich die Jugendlichen nicht einfach zurückziehen, sondern ihnen an der Kirche gelegen ist. Besonders die Jugend sei angehalten, jetzt mitzudenken und sich einzubringen bei der Gestaltung einer Kirche von morgen. Für Schmunzeln hat die sehr wohl ernste Frage einer Drittklässlerin, die mit Ihrer Mutter zu dem Abend gekommen war, gesorgt: „Herr Bischof, wenn ich einmal groß bin, kann ich dann Pfarrerin werden?“ Bischof Timmerevers antworte halb an das Mädchen, halb ans Plenum gewandt, dass es eine vielschichtige Frage sei, die letztendlich nur ein weltkirchliches Konzil entscheiden kann. Aber, so Bischof Timmerevers augenzwinkernd, er werde dem Mädchen einen „einflussreichen“ Posten verschaffen, wenn sie erstmal groß sei.
Den Abend durchzog die wiederkehrende Frage nach Quellen von Glaube und Spiritualität und Räumen des Austauschs und der Stärkung. Jemand bemerkte am Ende dankbar, dass das Gespräch nicht in Strukturfragen abgedriftet sei, sondern um Wesentliches kreiste.
Einige Mitglieder der Gemeinde, die seit April 2020 an vier Nachmittagen der Woche in St. Johannes Nepomuk eucharistische Anbetung halten, hatten an diesem Abend eine „Sonderschicht“ eingelegt und die Begegnung im Gebet begleitet. Mag auch das ein Grund dafür gewesen sein, dass diese Begegnung, bei der man sich das offene Wort und den Ernst der Lage nicht vorenthalten hat, in vielen Teilnehmenden einen Funken Hoffnung zum Glühen gebracht hat?
Ulrike Lynn / Benno Schäffel