Pastorale Begleitung von Menschen mit Sterbewunsch
Bistum veröffentlicht Orientierungshilfe für die Seelsorge
Dresden. Die Bischöfliche Kommission für Medizinethik im Bistum Dresden-Meißen veröffentlicht eine Orientierungshilfe für die Begleitung von Menschen mit Sterbewunsch. Die Handreichung ist ein Beitrag der Kirche in der aktuellen Debatte um die Sterbehilfe und sensibilisiert die Seelsorgerinnen und Seelsorger für einen verantwortlichen Umgang mit dieser oft komplexen Situation. Bischof Heinrich Timmerevers betont: „Ein Suizid ist eine existentielle Notsituation, in der wir Menschen nicht allein lassen dürfen. Unsere Mitarbeitenden in der Seelsorge verstehen und begleiten das Leben als ein Geschenk Gottes. Diese Begleitung reicht bis in die Sterbestunde hinein.“ Für die Begleitpersonen sei eine solche Situation von enormer Herausforderung: „Seelsorgerinnen und Seelsorger müssen den schmalen Grad gehen, mit ihrer Person klar für das Leben einzustehen und sich gleichzeitig empathiefähig angesichts des Sterbewunsches zu erweisen“, so der Bischof.
Die 2021 gegründete Kommission für Medizinethik fokussiert in ihrer 16-seitigen Broschüre auf Menschen in schwerer Krankheit und auf Menschen im Sterbeprozess. „Wir möchten in die Debatte den Erfahrungsschatz der Kirche in der Begleitung von Kranken und Sterbenden einbringen“, wirbt der Erfurter Moraltheologe Prof. Dr. Josef Römelt. Unter seiner Federführung wurde diese Orientierungshilfe erarbeitet, die konkrete Kriterien für die Begleitung von Menschen mit Sterbewunsch bietet. So dürfe man sich beispielsweise niemals in eine Stimmung hineinziehen lassen, in der sich die Gesellschaft an die (Selbst-)Tötung von Menschen gewöhne. Gleichzeitig stehe ein Urteil über Menschen, die sich selbst töten, allein Gott selbst zu. So sei der pastorale Respekt vor dem Gewissensurteil des Einzelnen zu begründen.
Glaube ermöglicht Sinnsuche in Hoffnungslosigkeit
Für den Leipziger Internisten und Vorsitzenden der Bischöflichen Kommission, Freiherr Dr. med. Andreas von Aretin, ist mit diesem Dokument ein großer Wunsch verbunden: „In der Medizin und in der Seelsorge haben wir dem sterbenden oder leidenden Menschen so viel anzubieten. Lassen Sie uns das zunächst in den Fokus nehmen und umsetzen. Wo wir dabei dann eventuell an unsere Grenzen stoßen, wie zum Beispiel bei der Assistenz zum Suizid, sollten wir die Wünsche und Möglichkeiten mit dem einzelnen Sterbewilligen individuell ausloten. Für diese schwierige, für alle Beteiligten sehr persönliche und niemals 'normale' Situation ist die Orientierungshilfe eine große Stütze.“ Der Glaube lade ein, auch dann nach dem Sinn zu suchen, wenn alles unmittelbar Offensichtliche im ersten Moment sinnlos erscheine, so der Leiter des Klinischen Ethik-Komitees am Leipziger St. Elisabeth-Krankenhaus.
Die Veröffentlichung erfolgt im Kontext weiterer Veranstaltungen zum Thema Suizid. Es sei hingewiesen auf das Bühnenstück „GOTT“ von Bestseller-Autor Ferdinand von Schirach, das die Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen gemeinsam mit zahlreichen lokalen Partnern Anfang September nach Mitteldeutschland bringt: Das Würzburger Theater Chambinzky gastiert mit seiner Popup-Inszenierung (Regie: Kai Christian Moritz) am Sonntag, 4. September 2022, um 17.00 Uhr in Altenburg und am Montag, 5. September 2022, um 19.00 Uhr in Zwickau. Mehr Informationen dazu unter www.ka-dd.de/gott-altenburg und www.ka-dd.de/gott-zwickau.
Eine wissenschaftliche Publikation erfolgt in „Stimmen der Zeit“ (9/2022): Josef Römelt, Menschen mit Sterbewunsch. Pastorales Handeln in Nähe und Respekt.
Eine gedruckte Broschüre kann auch über pastoral@bddmei.de bestellt werden.