Salzburger Erzabt besuchte Sachsen
Rundreise auf den Spuren des Johannes von Staupitz und Entdeckung der Diaspora
In der Zeit vom 2. bis 6. September 2021 erkundeten Erzabt Dr. Korbinian Birnbacher OSB und Frater Jakob Auer OSB unser Bistum. Sie leben und arbeiten in der Benediktiner-Erzabtei Stift St. Peter mitten in der Salzburger Altstadt. Es ist das älteste Kloster im deutschsprachigen Raum und blickt auf eine über 1300-jährige Geschichte zurück. Eine große Persönlichkeit in dieser wechselvollen Historie des Stifts ist Johannes von Staupitz. Der Mentor und väterliche Freund Martin Luthers stammte aus Motterwitz bei Grimma und kam 1521 nach Salzburg, wo er später zum Abt von St. Peter gewählt wurde. Diese spannende Verbindung zwischen Salzburg und Sachsen war ein Grund für den Besuch. Daneben gibt es auch persönliche Kontakte aus der katholischen Gemeinde St. Pius X. Hohenstein-Ernstthal in die Erzabtei.
Während ihres Aufenthalts durften Erzabt Korbinian und Frater Jakob die Gastfreundschaft ihrer Mitbrüder im Benediktinerkloster Wechselburg erfahren und dort Quartier beziehen. Prior P. Maurus Kraß OSB zeigte ihnen bei einem Rundgang auch die verschiedenen Gästehäuser und sanierten Gebäude, besonders natürlich die bekannte spätromanische Basilika. Auch Park und Klostergarten gehörten dazu. Die Salzburger Gäste zeigten sich beeindruckt von der enormen Aufbauleistung der letzten Jahrzehnte. Der Geheimtipp Basilika im gefühlten „Nirgendwo“ und die wunderbare Landschaft hatten es ihnen ebenso angetan.
Am Freitag brachen die Mönche als Erstes nach Motterwitz auf. Der kleine Ort liegt unscheinbar zwischen Leisnig und Grimma und abseits größerer Straßen. Hier im alten Rittergut erblickte Johannes von Staupitz 1465 das Licht der Welt. Heute ist das Gut weitgehend verfallen. Doch seit ein paar Jahren gibt es neue Hoffnung: Investoren aus Baden-Württemberg haben sich der Rettung des historischen Gemäuers verschrieben, bereits Gebäudeteile gesichert und mit dem Wiederaufbau begonnen. Davon machten sich die Gäste selbst ein Bild und lobten das Engagement. Nach Fertigstellung des Guts wollen sie wiederkommen, so der Erzabt scherzhaft.
In Leipzig gehörte die neugebaute Propsteikirche St. Trinitatis fest zum Programm. Propst Gregor Giele erläuterte das Konzept hinter Architektur und Ausstattung des Kirchenraums sowie dessen Symbolik. Ein Ort der Stille mitten in einer hektischen Stadt. Nach dieser wohltuenden Unterbrechung ging es weiter durch die Innenstadt. Hier rückten besonders Thomas- und Nikolaikirche in den Blickpunkt. Eine tolle Aussicht vom Völkerschlachtdenkmal über das abendliche Leipzig rundete den ersten Tag ab.
Der Samstag stand ganz im Zeichen von Salzburgs Partnerstadt Dresden. Eine kleine Delegation der katholischen Gemeinde Hohenstein-Ernstthal begleitete den Erzabt und Frater Jakob dorthin. Erste Station war die berühmte wiederaufgebaute Frauenkirche. Eine Mittagsandacht lud zur Besinnung ein, bevor man den Raum in einer Führung genauer erkunden und besser verstehen konnte. Beeindruckt zeigten sich die Gäste von der Leistung des Wiederaufbaus der Kirche und ihrer Gestalt. Beim anschließenden Rundgang konnten die Mönche weitere Sehenswürdigkeiten und Straßenzüge in der Innenstadt entdecken. Erzabt Korbinian war vor über 30 Jahren das letzte Mal in Dresden und staunte deshalb immer wieder über die vielen Veränderungen im Stadtbild.
Natürlich durfte ein Besuch im Herzstück unseres Bistums, der Kathedrale Ss. Trinitatis nicht fehlen. Eine engagierte Kirchenführerin zeigte nicht nur die Kirche und die Wettinergruft, sondern konnte auch oft mit der ein oder anderen Anekdote oder kleinen Geschichte aufwarten. So wurde der Besuch sehr erfrischend und interessant. Ein besonderes Erlebnis für alle war das Treffen mit Bischof Heinrich Timmerevers am Nachmittag. Im Rahmen einer Kaffeetafel gehörte der Gedankenaustausch über aktuelle Herausforderungen der katholischen Kirche sowie die unterschiedliche Prägung der Kirche in Österreich und im Osten Deutschlands dazu. Ein schöner Nachmittag in herzlicher Runde. Zum Abschluss des Tages unternahmen Erzabt Korbinian und Frater Jakob noch einen kleinen Ausflug in den wunderschönen Schlosspark Pillnitz, der beide faszinierte.
Den Schlusspunkt der Reise bildete schließlich ein Abstecher nach Hohenstein-Ernstthal am Sonntag. 1921 (im Jahr der Wiedererrichtung des Bistums) versammelten sich hier erstmals wieder Katholiken zu einem Gottesdienst. Damals konnte noch niemand erahnen, dass sie in dieser Stadt eine bleibende Heimat finden würden. Aus diesem Grund und anlässlich des Kirchweihfestes zelebrierte der Erzabt am Morgen einen Festgottesdienst in der St. Pius-Kirche. Durch die Anwendung der 3G-Regel konnten die Abstände etwas reduziert werden und eine größere Zahl Personen teilnehmen. Die Schola der Gemeinde gestaltete, zusammen mit Louis Sonntag an der Orgel, die Messe musikalisch mit und setzte schöne Akzente. Ins Zentrum seiner Predigt stellte Erzabt Korbinian den Ausspruch eines Wechselburger Benediktiners: „Gott suchen, wo er nicht vermisst wird.“ Diese Worte seien ihm besonders im Gedächtnis hängen geblieben. Er lobte die Gemeinde für das Durchtragen des Glaubens auch in schweren Zeiten und das Beieinanderbleiben als Gemeinschaft. „Wir sollten aber keine Angst haben, wenn wir nicht viele sind. Vielleicht ist es besser für uns, wenn wir nicht stark und mächtig sind“, betonte der Erzabt. Auch die schwierige Situation und die Skandale innerhalb der Kirche sparte er nicht aus. Zum Schluss ermutigte er alle, den Weg weiterzugehen.
Nach dem Gottesdienst bot eine Fragerunde Gelegenheit zum besseren Kennenlernen der Gäste. Die Fragen reichten dabei von der Geschichte der Abtei über die Einsatzgebiete der Mönche bis zum persönlichen Werdegang. Ein Gemeindemitglied wollte auch wissen, was Erzabt Korbinian und Frater Jakob aus Sachsen mitnehmen und im Kloster über den Aufenthalt erzählen werden. „Man sollte nicht zu viel erzählen“, lautete die humorvolle Antwort des Erzabts, „sonst könnten die Mitbrüder noch Gefallen finden und hierher auswandern.“ Der Gemeinde gab er noch den Wunsch mit auf den Weg, den unverwechselbaren sächsischen Dialekt unbedingt beizubehalten und zu pflegen. Ein gemeinsames Mittagessen der Gäste und der Gemeinde in einem Restaurant der Stadt bildete den Ersatz für das durch Corona ausgefallene Gemeindefest. Beim anschließenden Rundgang durch die Stadt konnten die Gäste Orte, wie die evangelische Stadtkirche St. Christophori oder das Geburtshaus von Karl May entdecken. Die feierliche Vesper in der Kirche bildete am frühen Abend schließlich den Abschluss und ließ den Tag ausklingen.
Erzabt Korbinian und Frater Jakob sind dankbar für diese Tage, in denen sie in dieser „wunderschönen Region“ zu Gast sein durften – vielleicht nicht zum letzten Mal.
Informationen zu Erzabt Korbinian*:
Erzabt Korbinian wurde 1967 geboren und ist im bayerischen Rupertiwinkel aufgewachsen. Er trat 1987 in das Kloster ein und legte 1991 seine Ewige Profess ab. Nach Studium in Salzburg und Rom wurde er 1994 zum Priester geweiht. 1997 hat er in Rom mit einer Arbeit über „Die Erzbischöfe von Salzburg und das Mönchtum zur Zeit des Investiturstreites 1060-1164“ zum Dr. theol. promoviert. Seither hat er in verschiedenen Funktionen u.a. als Novizenmeister, Sekretär der Salzburger Äbtekonferenz und Prior in der Gemeinschaft gewirkt, bis ihn seine Mitbrüder 2013 zum 88. Abt und 6. Erzabt von St. Peter gewählt haben.
Als ständiger 1. Assistent des Vorstandes der Salzburger Äbtekonferenz und als gewählter 2. Assistent der Österreichischen Benediktinerkongregation nimmt er auch über das Kloster hinaus Verantwortungen im Benediktinerorden war.
Seit 2020 ist Erzabt Korbinian gemeinsam mit Sr. Franziska Bruckner Vorsitzender der neugegründeten Ordenskonferenz Österreich, die nunmehr alle Ordensleute (sowohl männliche als auch weibliche) Österreichs vertritt.
* Quelle: https://www.stift-stpeter.at/
Text: Fabian Winderlich
Fotos: Matthias Winderlich