Menü
Bistum Dresden Meissen
Bischof Heinrich Timmerevers in der Dresdner Kathedrale. © Christian Juppe
24. Dezember 2025

Was trägt, wenn vieles unsicher wird

Weihnachtsbotschaft 2025 von Bischof Heinrich Timmerevers

„Weihnachten erzählt von Menschen, die sich auf den Weg machen, weil sie spüren, dass ihr Leben mehr sein kann als Alltag, Routinen oder flüchtige Freuden. Die Hirten, die Weisen aus dem Osten – sie stehen für die vielen Sinnsucherinnen und Sinnsucher unserer Zeit. Für Menschen, die fragen, was trägt, wenn vieles unsicher wird.

Ich erlebe: Diese Fragen sind heute so lebendig wie lange nicht. Junge Erwachsene, die Orientierung suchen. Familien, die Halt brauchen. Menschen, die zum ersten Mal seit Jahren oder überhaupt zum ersten Mal eine Kirche betreten, weil sie spüren: Nur das Messbare und Offensichtliche reicht nicht.

Weihnachten zeigt: Gott stellt sich diesen Fragen nicht mit schnellen Antworten. Er kommt selbst als Mensch: leise, klein, verletzlich – und macht sichtbar, was an unserer menschlichen Sehnsucht wirklich tief ist. Wer an der Krippe verweilt, entdeckt etwas Elementares: Das Leben findet seinen Sinn nicht im Haben, sondern im Sich-verschenken. In der Fähigkeit zu lieben, sich zu verschenken, den anderen zu sehen und für ihn da zu sein. Gott geht uns diesen Weg vor – nicht mit Macht, sondern durch sein eigenes Beispiel.

In diesen Tagen spüre ich eine besondere Verbundenheit mit unseren jüdischen Geschwistern in mehrfacher Hinsicht. Weihnachten feiern wir als Christen aus den Wurzeln des Judentums heraus – und wir wissen, wie eng unser Glaube mit dem ihren verbunden ist. Mit dem vor wenigen Tagen eröffneten Themenjahr TACHELES – Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen – sind wir eingeladen, jüdisches Leben, jüdische Geschichte und Kultur mitten unter uns neu wahrzunehmen und zu würdigen. Umso schmerzlicher sind die sich wiederholenden Nachrichten von antisemitischer Gewalt, wie zuletzt von den Anschlägen in Sydney. Sie treffen Menschen, Familien, Gemeinschaften – und sie betreffen auch uns als offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft. Gottes Menschenfreundlichkeit gilt dem Menschen als Menschen. Sie gilt uns allen gleichermaßen. Daraus wächst Verantwortung füreinander.

Gerade deshalb dürfen wir auch die großen Fragen unserer Zeit nicht ausblenden. Viele Menschen erleben Unsicherheit: wirtschaftlich, gesellschaftlich, politisch. Die Debatten werden härter, das Misstrauen wächst, Fragen nach Krieg und Frieden belasten uns. Weihnachten erinnert daran, dass unsere Gesellschaft davon lebt, dass wir einander zuhören, Verantwortung übernehmen und uns fühlend und tätig einbringen – sei es in der Sorge um die Schwächsten, im Einsatz für eine demokratische Kultur oder im Ringen um gerechte Lösungen über Generationen hinweg.

Ich wünsche allen Menschen in unserem Land ein gesegnetes, friedvolles Weihnachtsfest – und dass sie auf ihrem Weg gute Antworten finden, die ihr Leben hell machen.“

+ Bischof Heinrich Timmerevers