Wieso „funktioniert“ Taizé?
Zwei Berichte von Jugendlichen, die zum ersten Mal in Taizé waren
Die Katholische Dekanatsjugend Chemnitz fährt (in der Regel) in den Sommerferien nach Taizé. Nach einem Jahr Corona-Pause startete am Samstag, den 13. August 2022, ein Reisebus von Dresden über Chemnitz nach Taizé. Über 60 Jugendliche und junge Erwachsene verschiedener Konfessionen aus Sachsen waren für eine Woche mit dabei. Ein erheblicher Teil der Jugendlichen fuhr das erste Mal nach Taizé.
Im Folgenden lesen Sie zwei eindrückliche Erfahrungsberichte von Nikita Stein aus Chemnitz und Wiebke Hor aus Meißen (s. Foto links; (c) Johannes Köst).
Weitere Bilder und Infos über „Taizé in Chemnitz“ finden sie unter www.taize-chemnitz.de
Taizé - alle sind extrem offen
Taizé ist ein Ort, der dafür bekannt ist, dass sich dort Christen weltweit treffen. Wenn man diesen Satz hört, fragt man sich, wie das wohl alles ablaufen wird und wie es wohl sein wird mit so vielen verschiedenen Menschen. Auch ich habe mir diese Gedanken gemacht als ich das erste Mal in diesem Jahr nach Taizé gefahren bin. Aber was ich nach dieser Woche gelernt habe ist: Taizé funktioniert.
Ein typischer Taizé-Tag läuft so ab, dass es zuerst ein Morgengebet gibt und danach Frühstück. Am Vormittag ist man in seinem Job oder in einer Bibeleinführung, dass ist je
nach Arbeit unterschiedlich. Zu den Jobs muss man sagen, dass es verschiedene gibt die jeder einzelne machen kann, je nach dem, was ihm liegt. Oftmals ist es so, dass man am Vormittag in einer Bibelgruppe ist, also mit den Leuten, mit denen man zusammen arbeitet. Es läuft so ab, dass man von einem Bruder oder einer Schwester eine Einführung zu dem jeweiligen Text bekommt und in den kleinen Gruppen (small group) Fragen zu dem Text beantwortet. Das ist alles extrem spannend, da man sich mit anderen Menschen, die man nicht kennt, über diese Texte unterhalten kann. Danach kommt das Mittagsgebet und das Mittagessen. Nach dem gibt es oft Freizeit, und man kann mit anderen Leuten reden, spielen oder auch nur für sich alleine sein. Nachmittags wird dann gearbeitet, oder man ist dort in seiner Bibelgruppe. Um 17 Uhr gibt es Tee und meistens Honigkuchenbrot, und danach ist oft Freizeit bis zum Abendessen, welches 19
Uhr ist.
Da das Gelände ist Taizé recht groß ist, kann man dort durch den Ort gehen, in die Kirche, in den Garten der Stille oder nach Ameugny, wo die Schwestern wohnen. Wenn man lieber mit anderen Menschen in Kontakt treten will, besteht die Möglichkeit, sich mit ihnen auszutauschen oder mit ihnen zu spielen.
Und das ist das Schöne an Taizé: dass alle extrem offen sind und einen annehmen, so wie man ist. Um 20:30 Uhr ist dann das Abendgebet, und danach kann man zum Ojak gehen. Dort kommen immer sehr viele Menschen zusammen und machen Musik, tanzen oder haben einfach eine gute Zeit.
Um aber nochmal auf die Frage einzugehen, warum Taizé funktioniert: Ich denke, es liegt daran, dass jede und jeder seine Aufgabe ernst nimmt, da man weiß, dass alles zusammenhängt und jede Aufgabe wichtig ist, zum Beispiel kochen oder putzen. Ansonsten würde das ganze Zusammenleben nicht funktionieren, jede/r ist wichtig und Teil der Gemeinschaft. Man schätzt also die Arbeit von den anderen und denkt selbst an das Wohl der anderen.
Nikita Stein, Chemnitz
Taizé scheint wie ein Zauber zu sein - Erste Taizé Erfahrung
Taizé scheint wie ein Zauber zu sein, denn Jeden, den ich gefragt habe, war bis jetzt begeistert von diesem Ort. Also bin auch ich dieses Jahr zum ersten Mal nach Taizé gefahren. Ich wusste, dass sich hier viele Jugendliche aus der ganzen Welt treffen würden, weshalb ich als eher ruhiger Mensch mir vorgenommen habe, offener auf Menschen zuzugehen.
Auch wenn ich mit einer Freundin zusammen hingefahren bin, ging ich meist einzeln durch den Alltag und konnte so viele tolle Menschen kennenlernen. In der Bibelgruppe hatte ich konstant mit neun anderen Menschen zu tun, die jeder für sich unterschiedlich waren und wir uns doch super verstanden haben. Durch die Internationalität konnte ich hier mein Englisch anwenden und neue Kulturen kennenlernen. Mit den inspirierenden Fragen zum Bibeltext ging es dabei schnell um individuelle Probleme und Ansichten, die wir besprochen und diskutiert haben. Durch diese tiefen Gespräche wurden wir uns sehr vertraut - und ich denke, auch deshalb fällt am Ende der Abschied schwer. Auch wenn es nur eine Woche war, hatte ich das Gefühl, hier Freunde gefunden zu haben und viel zu zeitig abreisen zu müssen.
Taizé war jedoch nicht nur frommes Beisammensitzen mit tiefen Gesprächen, sondern auch Feiern im Oyak, dem Feierplatz in Taizé. Jeden Abend wurde hier gemeinsam musiziert und gesungen. Es war der optimale Platz, um die Menschen vom Tag noch einmal aus einem anderen Winkel kennenzulernen. Immer, wenn ich alleine zu diesem Platz hinunter gegangen bin, hatte ich zunächst Sorge, niemanden zu finden, den ich kannte, doch jedes Mal fand ich jemanden aus meiner Bibelgruppe oder der Reisegruppe. Am Abend konnten wir auch noch in der Kirche bleiben und weiter singen oder einfach zuhören, wodurch eine sehr ruhige Stimmung entstand und ich
noch einmal in Ruhe nachdenken konnte.
In Taizé muss Jeder eine Aufgabe übernehmen, weshalb ich in den Chor gegangen bin. Es hatte Vor- und Nachteile. Für mich war es eine interessante Erfahrung, die ich auch schon immer einmal machen wollte, aber das nächste Mal würde ich eine andere Arbeit ausprobieren wollen. Im Gegensatz zu allen anderen konnten wir nicht während unserer Arbeit reden und Leute kennenlernen. Dafür tranken wir nach den Proben gemeinsam Tee und kamen hier ins Gespräch. Zudem war unsere Arbeit durchaus zeitaufwendiger, und das Abendgebet war unsere eigentliche Arbeitszeit, wodurch ich diese meist weniger genießen konnte. Am Ende habe ich auch hier neue Menschen kennengelernt und bedaure die Erfahrung nicht.
Neben all den interessanten Gesprächen und die ständige Präsenz anderer Menschen konnte ich mir auch Zeit für mich nehmen. Besonders der Garten der Stille, Spaziergänge in der Umgebung und die Stille in den Gebeten haben mir die Möglichkeit gegeben, über mich und alles, was mich beschäftigt, nachzudenken.
Es war eine Sommerwoche wie aus dem Bilderbuch mit Freunden, Picknick, Sonnenschein und Sommerregen. All die Erinnerungen, Gedanken und Emotionen werden sicher noch eine Weile brauchen um sich setzen zu können, da ich auch jetzt noch überwältigt von den Eindrücken bin.
Als Fazit kann ich sagen, dass es für mich eine Bereicherung war nach Taizé zu fahren und die Zeit dort viel zu schnell verging.
Wiebke Hor, Meißen